Arbeitszeitmodelle Arbeitszeit individuell gestalten – alle Modelle auf einen Blick

Familienfreundliche und flexible Arbeitszeiten sind ein Gewinn – für Arbeitgeber und Beschäftigte. Werden diese Arbeitszeitmodelle richtig umgesetzt, profitieren beide Seiten gleichermaßen.

Beschäftigte erhalten die notwendige Flexibilität und die Verlässlichkeit, um mehr Zeit mit der Familie verbringen zu können. Arbeitgeber hingegen können qualifizierte Beschäftigte halten und neue gewinnen, sparen Wiedereingliederungskosten, motivieren Eltern in ganz besonderem Maße, können aber auch besser auf Nachfrageschwankungen reagieren. Flexibilität und Familienfreundlichkeit sind also kein Widerspruch, sondern können einander ergänzen.

Diese Arbeitszeitmodelle werden gerne von Unternehmen und ihren Beschäftigten in Anspruch genommen:

Teilzeit

Unter Teilzeit wird jedes Arbeitsverhältnis verstanden, dessen Arbeitszeit geringer ist als die betrieblich vereinbarte Regelarbeitszeit. Das Spektrum reicht dabei von zeitlich sehr geringen bis zu vollzeitnahen Beschäftigungsverhältnissen (über 30 Stunden). Auf Grundlage einer vereinbarten Jahresarbeitszeit kann eine gleichbleibende Anzahl von Wochenstunden gearbeitet, aber auch eine sehr ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit über das Jahr gewählt werden.

Kurzbeurteilung aus Sicht der Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Teilzeitarbeit lässt sich in viele flexible und familienfreundliche Arbeitszeitmodelle integrieren und ist gut geeignet, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu stärken. Denn Erfahrung und Wissen können im Unternehmen gehalten werden, auch wenn eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer dem Unternehmen zeitlich nur eingeschränkt zur Verfügung steht (zum Beispiel wegen Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen).

Außerdem kann Teilzeit einen raschen Wiedereinstieg in den Beruf ermöglichen, zum Beispiel nach einer Geburt. Dadurch sinken sowohl die Wiedereingliederungskosten für das Unternehmen als auch die finanziellen Einbußen für die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer. Ihre volle familienfreundliche Stärke spielt Teilzeit dann aus, wenn nicht nur die Länge der Arbeitszeit, sondern auch ihre Lage den persönlichen Bedürfnissen angepasst werden kann (zum Beispiel durch Gleitzeit). Allerdings können Teilzeitstellen für Beschäftigte zur Falle werden, wenn sie auf Dauer mit geringfügiger Stundenzahl ausgeübt werden und Nachteile beim Einkommen und in der Altersvorsorge mit sich bringen. Existenzsichernder sind „große“ Teilzeitmodelle mit mehr als 20 Wochenstunden oder nur phasenweise Teilzeitbeschäftigung (Brückenteilzeit).

Branchen- und Zielgruppenfokus

Sehr weit verbreitet ist Teilzeitarbeit in der gesamten Dienstleistungsbranche, aber auch im Gastgewerbe, im Gesundheitswesen und im öffentlichen Dienst. Grundsätzlich kann Teilzeit in allen Branchen umgesetzt werden. Zielgruppen sind prinzipiell alle Beschäftigten, die ihre Arbeitszeiten reduzieren möchten. Dazu zählen insbesondere Eltern und Mitarbeitende mit Pflegeaufgaben – und das nicht nur auf den unteren Ebenen. Inzwischen gibt es auch Führungskräfte, die erfolgreich in Teilzeitmodellen arbeiten.

Organisatorische Voraussetzungen

Für das Gelingen der Teilzeitregelungen sind klare Absprachen sowie eine gute Arbeitsorganisation wichtig. Zentral ist auch die Unterstützung durch Führungskräfte sowie die Akzeptanz des Modells durch das Arbeitsumfeld. Den grundsätzlichen Anspruch auf Teilzeitarbeit hat der Gesetzgeber im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBFG) verankert.

Gleitzeit

In Gleitzeit können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, im Rahmen bestimmter Regeln, Beginn, Ende und gegebenenfalls auch die Länge der Arbeitszeit selbst bestimmen. Gleitzeit verschafft Beschäftigten und Unternehmen mehr zeitliche Flexibilität, denn beide Seiten können bedarfsorientierter agieren.

Kurzbeurteilung aus Sicht der Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Gleitzeit ist sehr gut geeignet, um Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren: Die Beschäftigten können die tägliche Dauer sowie die Lage ihrer vereinbarten Arbeitszeit – unter Berücksichtigung betrieblicher Erfordernisse beziehungsweise im definierten Gleitzeitrahmen – selbstbestimmt auswählen und damit Freiräume für die Familie schaffen. Aufgrund der flexiblen Handhabung der Arbeitszeiten entsteht so auch Freiraum für kurzfristig anfallende familiäre Verpflichtungen.

Durch Gleitzeit können Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer Zeitreserven ansparen und diese später für mehr Urlaub oder einen Freizeitblock von längerer Dauer einlösen (abhängig von der betriebsinternen Regelung).

Branchen- und Zielgruppenfokus

Das Gleitzeitmodell ist für alle Branchen geeignet. Aufgrund des individualisierten Ansatzes war das Modell anfangs nur im Verwaltungsbereich von Unternehmen verbreitet. Inzwischen hat sich Gleitzeit aber auch in anderen Bereichen, wie zum Beispiel der Herstellung, etabliert.

Organisatorische Voraussetzungen

Die Einführung der Gleitzeit ist an die Einrichtung von Arbeitszeitkonten (Gleitzeitkonten) geknüpft, um die tägliche Arbeitszeit zu dokumentieren. Der individuelle Ansatz erfordert eine Unabhängigkeit beziehungsweise gute Absprache zwischen den betroffenen Beschäftigten, damit der Unternehmensbetrieb trotzdem weiterlaufen kann.

Vertrauensarbeitszeit

Bei der Vertrauensarbeitszeit bestimmen die Mitarbeitenden selbst, wann und wie lange sie arbeiten. Die Messung der Leistung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfolgt anhand der Arbeitsergebnisse und nicht anhand der Arbeitszeit. Diese wird nur erfasst, da der Arbeitgeber verpflichtet ist, die Arbeitszeit, die über acht Stunden pro Tag hinausgeht sowie den notwendigen Zeitausgleich aufzuzeichnen. Zudem müssen arbeitszeitrechtliche Vorgaben beachtet werden, z. B. mindestens 11 Stunden Ruhezeit zwischen zwei Arbeitstagen.

Kurzbeurteilung aus Sicht der Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Vertrauensarbeitszeit ist sehr gut geeignet, um Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren, da sie Beschäftigten eine sehr hohe Zeitsouveränität einräumt. Beschäftigte erledigen ihre Arbeit zu den für sie passenden Zeiten und erhalten so wertvolle Freiräume für familiäre Bedürfnisse. Arbeitgeber profitieren von der Reduktion von Leerlaufzeiten und einer hohen Leistungsbereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dabei ist es wichtig, durch klare Absprachen zu Zielvorgaben und Erreichbarkeitsanforderungen eine Entgrenzung der Arbeitszeiten zu verhindern.

Branchen- und Zielgruppenfokus

Vertrauensarbeitszeit wird vorzugsweise in projektorientierten Wirtschaftszweigen eingesetzt, zum Beispiel in der IT- oder Dienstleistungsbranche sowie in Forschung und Entwicklung. Darüber hinaus eignet sich das Modell besonders auf der Führungsebene.

Organisatorische Voraussetzungen

Vertrauensarbeitszeit ist nur durchführbar, wenn die Zielerreichung innerhalb eines bestimmten Zeitraums definiert werden kann. Die Arbeit muss es also erlauben, konkrete Arbeitsziele und Termine festzulegen. Die Zieldefinition kann entweder durch den Betrieb oder, beispielsweise im Falle von Führungskräften, alternativ auch durch die Beschäftigten erfolgen. Vertrauensarbeitszeit setzt eine sehr gut Selbstorganisation der Mitarbeitenden voraus. Außerdem muss zwischen Unternehmen und Beschäftigten ein gewisses Maß an Vertrauen herrschen, um diese Form der Arbeitszeitgestaltung umzusetzen.

Jobsharing

Jobsharing ist ein Modell, bei dem ein Arbeitsplatz in der Regel durch zwei Beschäftigte wahrgenommen wird, die entsprechend in Teilzeit arbeiten. Die jeweiligen Arbeitszeiten werden durch die beiden Jobsharer festgelegt. Dabei sollte das Pensum langfristig weitgehend gleichmäßig verteilt sein.

Kurzbeurteilung aus Sicht der Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Jobsharing ist eine gut geeignete Variante, um Familie und Beruf zu vereinbaren, wenn der Arbeitsplatz einer durchgängigen Ansprechbarkeit bedarf, die auch auf verschiedene Personen verteilt werden kann. Das Modell ermöglicht es, auch verantwortungsvolle Aufgaben in einer abgestimmten Teilzeitlösung zu übernehmen. Damit ist Jobsharing insbesondere für Führungskräfte interessant, da sie auch in verminderter Arbeitszeit in ihren verantwortungsvollen Positionen bleiben können. Unternehmen profitieren vom Jobsharing, da neben der durchgängigen Ansprechbarkeit die Talente und Fähigkeiten zweier Personen für eine Position genutzt werden können. Da die Abstimmung untereinander und die Verantwortung für die Erledigung der Aufgaben bei den „Sharern“ liegen, wird ein Teil des Steuerungsaufwands direkt von den beteiligten Beschäftigten übernommen.

Branchen- und Zielgruppenfokus

Für Jobsharing gibt es keinen spezifischen Branchenfokus. Das Modell ist insbesondere gut für Führungskräfte geeignet. Ein weiterer verbreiteter Anwendungsbereich außerhalb der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist die Anwendung beim Übergang zum Renteneintritt, um Nachfolgerinnen und Nachfolger einzuarbeiten.

Organisatorische Voraussetzungen

Die kooperierenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten möglichst verschiedene Zeitbedürfnisse haben, ähnliche Qualifikationen aufweisen oder sich ergänzen. Außerdem sollten sie ein hohes Maß an Teamfähigkeit mitbringen, um die nötige Koordination gemeinsam zu bewältigen. Zudem sollten die Sharer die Kommunikation sowohl untereinander als auch mit den Kolleginnen und Kollegen gut organisieren können, damit aus der Doppelbesetzung kein Nachteil entsteht.

Lebensarbeitszeit

Ein Lebensarbeitszeitkonto ist für die Sammlung von langfristigem Guthaben gedacht. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können entsprechend individueller Lebensphasen über dieses Konto zusätzlich geleistete Zeit ansparen und aufbrauchen, indem sie ihre Arbeitszeit wieder reduzieren. Die Ausgestaltung dieses Modells erfolgt zumeist über individuelle Absprachen mit den betreffenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

Kurzbeurteilung aus Sicht der Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Lebensarbeitszeitmodelle sind nicht für die tägliche Vereinbarkeit von Familie und Beruf gedacht, sondern sollen größere Freiräume für arbeitsfreie Zeiten ermöglichen: mehrere Wochen, ein Jahr oder die Reduzierung des Arbeitsvolumens für längere Zeit. Für temporäre Aufgaben wie die Betreuung eines Kleinkinds oder die Pflege eines Angehörigen sind Lebensarbeitszeitkonten sehr geeignete Instrumente, die dank des langfristigen Ansatzes Unternehmen eine gute Basis für eine effiziente Personalplanung bieten.

Branchen- und Zielgruppenfokus

Lebensarbeitszeitkonten sind an keine bestimmte Branche gebunden. Das Modell eignet sich jedoch eher für Teilzeitbeschäftigte, da es bei Vollzeitbeschäftigten schnell zur Überlastung kommt, wenn Extrastunden auf dem Lebensarbeitszeitkonto gesammelt werden sollen.

Organisatorische Voraussetzungen

Das Modell erfordert die Einrichtung von Arbeitszeitkonten, um die tägliche Arbeitszeit zu dokumentieren. Unternehmen und Beschäftigte haben einen langfristigen Planungsansatz, bei dem idealerweise die gesamte Zusammenarbeit von Unternehmenseintritt bis Ruhestand geplant wird.