Jetzt erst recht – Vereinbarkeit als Wettbewerbsvorteil bei Bindung und Gewinnung von Fachkräften

Im Rahmen des XING-Arbeitsmarktreports 20241 berichten über 40 Prozent der befragten Beschäftigten, dass ihr Unternehmen Schwierigkeiten hat, passendes Personal zu finden. Diese Situation führt bei 30 Prozent der Arbeitnehmenden zu erhöhter Arbeitsbelastung, was vor allem auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erschwert und in der Konsequenz zu schlechter Stimmung und Motivationsproblemen führt. Ein Viertel der Befragten (24 Prozent) berichtet von sinkender Arbeitsqualität, und ebenso viele spüren erhöhten Stress und steigende Burn-out-Gefahr.

Die Bedeutung einer guten Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben spiegelt sich auch in den Erwartungen von Bewerberinnen und Bewerbern wider. Laut dem Bericht ist dies mit 52 Prozent das am häufigsten adressierte Thema in Bewerbungsgesprächen, gefolgt von Wünschen nach Homeoffice, Remote Work und flexiblen Arbeitszeiten mit jeweils 45 Prozent. Eine gute Vereinbarkeit zahlt damit auf die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen ein. Hier ist ein Umdenken gefragt – und das besser heute als morgen.

So stellt die globale Studie „Arbeitsbarometer 2025“2 fest, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zum ersten Mal in der 22-jährigen Geschichte der Befragung das Gehalt als wichtigstes Motivationskriterium im Beruf übertrifft – und das über alle Generationen hinweg, wenn auch unterschiedlich stark ausgeprägt.

Während in jungen Jahren das Geld oftmals noch eine größere Rolle spielt, lassen sich Männer und Frauen der sogenannten „geforderten Generation“ zwischen 30 und Ende 50 vor allem durch eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie an den Arbeitgeber binden. Denn bei ihnen ist der Wunsch nach individueller Gestaltungsmöglichkeit von Arbeitszeit und Arbeitsort aufgrund ihrer sehr unterschiedlichen Lebenslagen am größten: Mal sind es noch kleine Kinder, oftmals in Patchwork- Konstellationen, und zunehmend das Thema Kümmern beziehungsweise Pflege von älteren Angehörigen oder manchmal auch alles zusammen.

Eine Personalpolitik, die individuelle Gestaltungsräume für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglicht, ist daher Erfolgsfaktor der Stunde für die Bindung dieser erfahrenen Kräfte. Gleichzeitig ist diese Art der Personalpolitik auch ein Attraktivitätsmerkmal für die jungen Menschen. Denn diese jüngere Generation agiert sehr selbstbewusst: mehr als die Hälfte der Gen Z, also die Jahrgänge zwischen 1997 und 2012, hat trotz ihrer kurzen Karriere schon einen Arbeitgeberwechsel vollzogen. Ferner denken 48 Prozent der jungen Arbeitnehmenden darüber nach, noch 2025 ihren aktuellen Job zu kündigen und sich einer neuen Aufgabe zu widmen3.

Was also tun?

Die alte Blaupause mit ein bisschen mehr Gehalt und ein paar Nettigkeiten aus der Personalabteilung funktioniert endgültig nicht (mehr), um Fachkräfte zu binden. Grundvoraussetzung der Mitarbeiterbindung ist ein Betriebsklima, das vom Förderungswillen und der Wertschätzung gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern getragen wird:
 

  • Zeigen Sie echtes Interesse an den Vereinbarkeitsbedürfnissen Ihrer Beschäftigten. Bieten Sie Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Formate und Möglichkeiten an, in denen sie ihre Bedürfnisse und eigene Vorschläge für passende Vereinbarkeitsmaßnahmen formulieren können.
  • Unterstützen Sie Ihre Beschäftigten dabei, die nicht immer einfache Balance zwischen Berufs- und Familienleben auszugleichen. Dabei sollte der Wunsch nach flexiblen Übergängen zwischen privat und beruflich verbrachter Zeit genauso anerkannt werden wie der Wunsch nach klaren und eindeutig erkennbaren Grenzen zwischen den Sphären. Dies bedeutet zum Beispiel auch, den Wunsch von Beschäftigten, nicht im Homeoffice arbeiten zu wollen, zu respektieren.
  • Ermöglichen Sie Handlungsspielräume, in denen Vorgesetzte und Teams Verantwortung für eine gelingende Vereinbarkeit übernehmen können, die für Unternehmen und Beschäftigte gut tragbar ist. Wenn Sie Entscheidungen, die im Team getroffen wurden, ermöglichen, spiegelt dies letztlich Ihr Vertrauen in Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wider.
  • Nehmen Sie den Begriff der an Lebensphasen orientierten Vereinbarkeit wörtlich und seien Sie offen für Veränderungen der Vereinbarkeitsbedürfnisse. Machen Sie das Thema Vereinbarkeit zum regelmäßigen und verpflichtenden Bestandteil der Mitarbeitendengespräche, um notwendige Veränderungen und neue Vereinbarungen frühzeitig einleiten zu können. Das Gleiche gilt für Bewerbungsgespräche: Offen angesprochene Vereinbarkeitsangebote können entscheidend dafür sein, dass sich eine Fachkraft für Sie entscheidet.

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1 https://recruiting.xing.com/de/downloads/studienergebnisse-arbeitsmarkt-2024/

2 https://www.randstad.de/s3fs-media/de/public/2025-01/randstad-arbeitsbarometer-2025.pdf

3 Forsa-Studie zur Wechselbereitschaft im Auftrag von XING, April 2025,
https://recruiting.xing.com/de/downloads/forsa-wechselbereitschaftsstudie-2025/