Vereinbarkeit für alle – wie gelingt das Geben und Nehmen zwischen den Beschäftigten mit und ohne Familie?

In den aktuell unsicheren Zeiten mit ihren unternehmerischen Herausforderungen und Personalknappheit auf der einen sowie Personalkürzungen auf der anderen Seite müssen Vorgesetzte dies besonders im Blick behalten. Sie dürfen sich nicht aus tagesaktueller Not oder bei der alljährlichen Urlaubsdebatte immer wieder – und leider häufig ohne besondere Anerkennung – auf die Solidarität derjenigen verlassen, die „immer da“ beziehungsweise flexibler in der Gestaltung ihrer Arbeitszeit sind. 

Denn auch Beschäftigte ohne Kinder haben für sie wichtige persönliche Verpflichtungen. Sei es die Pflege von Angehörigen, sei es Zeit für den Partner oder die Partnerin zu haben, der oder die vielleicht um den Job bangt oder gesundheitlich angeschlagen ist.

Das kann bei diesen Beschäftigten leicht als fehlende Wertschätzung empfunden werden und letztlich die Motivation so negativ beeinflussen, dass die (innere) Kündigung droht.
Eine familien- und lebensphasenbewusste Unternehmenskultur bedeutet daher, die unterschiedlichen Interessen aller Beschäftigten im Blick zu haben und zu behalten – und sie immer wieder auszubalancieren. 

Dies gelingt am besten mit einer offenen Aushandlungskultur im Unternehmen – unterstützt durch entsprechende Prozesse, Strukturen und Kompetenzen. Die Verantwortung für ein gelungenes Geben und Nehmen tragen dabei alle: Führungskräfte, die den Rahmen schaffen, sowie Beschäftigte, die die Spielregeln respektieren und nicht auf ihrer Position beharren. Förderlich ist dabei zum einen die Kommunikation, dass auf die Ausnahmesituation auch wieder ein Normalzustand folgt. Zum anderen sind gezielte Maßnahmen für diejenigen wichtig, die zeitweise mehr geben können.

Ganz praktisch können dies sein: 

  • Eine transparente, für alle Beteiligten nachvollziehbare Kommunikation über die Ausnahmesituationen, temporäre Lösungen und klar definierte Rückkehr zur normalen Aufgabenverteilung,
  •  „Bonuspunkte“ für übernommene Schichten oder Einspringen, die später bei der Schichtplanung für persönliche Wünsche eingesetzt werden können,
  • besondere Arbeitszeitangebote für „Einspringer“ wie zum Beispiel ein Sabbatical und
  • eine kritische Prüfung des vorrangigen Zugriffs von Eltern bei der Urlaubsplanung und die Suche nach wechselseitigen Vorteilen bei der Planung. 

So entsteht keine Bildung von Gruppen von Beschäftigten, die sich benachteiligt fühlen, wie zum Beispiel Eltern versus Beschäftigte ohne Kinder. Denn auch letztere können mal in eine unvorhersehbare Notlage geraten, in der sie auf ein Entgegenkommen von Arbeitgeber und Kolleginnen und Kollegen angewiesen sind.

Beschäftigte müssen sich darauf verlassen können, dass Geben und Nehmen durch entsprechende betriebliche Regelungen anerkannt bzw. in geeigneter Form kompensiert werden und sie sich selbst, wenn sie zum Beispiel unerwartet in eine familiäre Pflegesituation geraten, auch auf die Kolleginnen und Kollegen verlassen können.

Vergessen werde sollte deshalb auch nicht, den Kolleginnen und Kollegen, die in einer Lebenslage sind, die ihnen mehr zeitliche Flexibilität ermöglicht, einfach mal „Danke“ zu sagen. 

Denn der menschliche Umgang am Arbeitsplatz und eine respektvolle und wertschätzende Unternehmenskultur sind gerade in unsicheren Zeiten der „Kitt“ für wirtschaftlichen Erfolg.