Klartext Klartext

In der Rubrik „Klartext“ stellen wir eine These zum jeweiligen Schwerpunktthema auf und bitten Expertinnen oder Experten, dazu knapp Stellung zu nehmen. Lesen Sie in dieser Ausgabe Beiträge von Sophia von Rundstedt, Geschäftsführerin des Beratungsunternehmens Von Rundstedt & Partner und Autorin von „Denkmuster für die Mosaikkarriere“, und von Doreen Liebenow, Talentmanagerin beim Brandschutzunternehmen hhpberlin. Bei den Kommentaren handelt es sich um persönliche Ansichten der Autorinnen.

These: Der klassische Karrierebegriff vom linearen Aufstieg, der sich in Gehalt, Personalverantwortung und Status niederschlägt, ist heute zu eng. Der neue Karrierebegriff muss

  • jenseits von Hierarchien funktionieren,
  • an Ergebnissen gemessen werden und daher auch in Teilzeit, im Homeoffice, in Projekten, durch inhaltliche Expertise oder im Tandem erreichbar sein,
  • Geschlechterstereotypen reflektieren und hinter sich lassen.


Eine Frau steht vor einer Wand mit der Aufschrift "VON RUNDSTEDT"
Sophia von Rundstedt© Von Rundstedt & Partner

„Mosaikkarriere“: Bei diesem Karrieremodell gewinnen Beschäftigte und Unternehmen gleichermaßen

Das Modell der klassischen Leiterkarriere, die stetigen Aufstieg voraussetzt, wird den Wünschen der Beschäftigten wie auch den Bedürfnissen von Unternehmen nicht mehr gerecht. Davon bin ich als Outplacement- und Karriereberaterin überzeugt.

Denn die Arbeitswelt verändert sich grundlegend: Neue Geschäftsmodelle entstehen, alte verschwinden. Um schnell auf Marktchancen und -risiken sowie neue Herausforderungen reagieren zu können, müssen Unternehmen agiler und flexibler werden – auch in ihrem Personalgefüge.

Gleichzeitig erwarten Beschäftigte heute mehr von ihrer Arbeit als ein regelmäßiges Einkommen, Prestige oder ein hohes Gehalt. Selbstbestimmtes, sinnerfülltes Arbeiten und flexible Arbeitszeiten, die eine ausgewogene Balance zwischen beruflichen und privaten Verpflichtungen ermöglichen, werden wichtiger.

Es ist bereits erkennbar, dass Karrieren immer häufiger einem Mosaik gleichen – bestehend aus unterschiedlichen Aufgaben, wechselnden Spezialisten- und Führungsrollen oder zeitlich begrenzten Projekteinsätzen. Idealerweise passen sich diese „Mosaiksteine“ an die aktuelle Lebensphase und die jeweiligen Bedürfnisse an, sodass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf leichter gelingt.

Und auch Unternehmen profitieren von „Mosaikkarrieren“, wenn ihre Mitarbeiter flexibel Aufgaben und Rollen wechseln können. Denn sie erweitern ihren Handlungsspielraum beim Personaleinsatz und steigern gleichzeitig Zufriedenheit, Bindung und Engagement ihrer Mitarbeiter.
 

Eine Frau mit verschränkten Armen schaut in die Kamera
Doreen Liebenow© hhp Brandschutzexperten

Karriere ist so vielfältig wie das Leben 

Zeitgemäße Karrieren führen nicht unbedingt die Leiter empor. Karriereziele sind sehr individuell und können sich im Laufe des Lebens wandeln. Während der eine langfristig nach mehr Verantwortung strebt, möchte ein anderer z. B. zufriedener mit der bestehenden beruflichen Situation sein. Karriereziele sind vielfältig. Sie betreffen die persönliche Entwicklung, Weiterbildungen und berufliche Veränderungen. Und natürlich muss die Arbeit ins Leben passen, nicht umgekehrt.

MitarbeiterInnen, die Familie und Beruf gut vereinbaren können, sind zufriedener und motivierter – eine Win-win-Situation, mit der wir bei hhpberlin seit Jahren sehr gute Erfahrungen machen. Mit unserem themenorientierten Organisationsmodell fördern wir die individuellen Talente und Fähigkeiten unserer KollegInnen. Sie können mitentscheiden, woran sie wachsen wollen, anstatt sich in starre Hierarchien einordnen zu müssen. Wo und wann die Arbeit erledigt wird, ist unerheblich. Das Ergebnis zählt. Als Ingenieurbüro freuen wir uns zudem über eine Frauenquote von über 50 Prozent. Das ist leider keine Selbstverständlichkeit.

Frauen sind in Führungspositionen und vermeintlichen Männerdomänen nach wie vor unterrepräsentiert. ArbeitnehmerInnen sollten unbeeinflusst von Klischees herausfinden, welche Stärken, Schwächen und Bedürfnisse sie haben. Die Verantwortung, stereotype Vorstellungen zu hinterfragen, liegt aber auch aufseiten der Unternehmen, denen ich nur empfehlen kann, die Potenziale von Vielfalt zu nutzen. Uns als hhpberlin ist es wichtig, eine Arbeitskultur beizubehalten, die ganz unterschiedliche Frauen und Männer wertschätzt und zu ganz unterschiedlichen Frauen und Männern passt.

weitere Forumsbeiträge