Beispiel aus der Praxis So lassen sich verschiedene Interessen austarieren

Portrait Sonja Lambert
© AOK Hessen (Sonja Lambert)

„Immer die Perspektive des Teams mitbedenken“

„Die Individualität der Vereinbarkeit lässt wenig Standardisierung zu. Deshalb müssen häufiger als früher Lösungen im Team ausgehandelt werden“, sagt Sonja Lambert, Leiterin Stabstelle Diversity Management bei der AOK Hessen. Ihr Unternehmen hat sich 2015 an der Studie „Vereinbarkeit 2020“ der berufundfamilie Service GmbH beteiligt. Daraus ist der Ansatz entstanden, die betrieblichen Anforderungen, die individuellen Bedürfnisse jeder einzelnen Person und diejenigen des Teams in Beziehung zueinander zu setzen. Für Führungskräfte entsteht daraus eine neue Anforderung: Brücken zu bauen zwischen den unterschiedlichen Anforderungen und Bedarfen. „Wenn alle Vereinbarkeit wollen und brauchen, sind Kompromisse und Ausgleichshandlungen wichtig“, berichtet Lambert. „Das gelingt in den meisten Fällen gut.“ Beispielsweise hat die AOK Hessen Rotationsmodelle bezogen auf die Servicezeiten am Nachmittag, in die auch Teilzeitbeschäftigte eingebunden sind. Solche Situationen gilt es zu moderieren und zu lösen. „Wir merken aber, dass die Nachfrage nach individuellen Absprachen steigt. Diejenigen, die das mittragen müssen, sind die Kolleginnen und Kollegen“, stellt Lambert klar. „Wir müssen deswegen zukünftig viel stärker als bisher die Perspektive des Teams beleuchten.“

Führungskräfte im Boot

Die Ziele dahinter liegen unter anderem in einer Balance zwischen individuellen und betrieblichen Interessen, der Bindung von Talenten, einem Wettbewerbsvorteil bei der Rekrutierung und der Sicherung der Leistungsfähigkeit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die Führungskräfte hat das Unternehmen bereits im Boot. 80 Prozent hätten an einer freiwilligen Fortbildung teilgenommen, so Lambert. Ergänzt werden diese von einer Handlungshilfe und Checklisten, die sowohl Führungskräfte als auch Beschäftigte auf solche Gespräche vorbereiten. Wie wichtig das Thema Vereinbarkeit auch für zukünftige Beschäftigte ist, zeigt die Praxis. Bei Einstellungsgesprächen fragen Bewerberinnen und Bewerber so gut wie immer nach den Vereinbarkeitsmöglichkeiten. Die AOK Hessen sieht vor dem Hintergrund der Arbeitswelt 4.0 den Trend, dass von Führungskräften erwartet wird, flexible Arbeitsmodelle anzubieten und lösungsorientiert vorzugehen. „Die gute Nachricht ist: Führungskräfte nutzen diese Flexibilität zunehmend für sich selbst und wirken dabei als Vorbild.“


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